Sprechen lernen mit Singen, Tanzen, Spielen

In einem neuen Projekt an der Berger Höhe Schule lernen auch Flüchtlingskinder mit Musik besser sprechen.

„Herzlich willkommen bei Musik und Spaß“ singen 14 Kinder. Sie sind eine bunt gemischte Gruppe zwischen sieben und zwölf Jahren und sind in fünf Ländern geboren. Ihre Eltern kamen entweder als Flüchtlinge oder um hier zu arbeiten nach Deutschland. Mit ihnen sprechen die Kinder Italienisch, Ungarisch, Kroatisch, Arabisch oder Dari, die Amtssprache in Afghanistan. Doch hier in der Internationalen Vorbereitungsklasse an der Berger-Höhe-Schule (BHS) gibt es nur eine Sprache: Deutsch.

Um den Spracherwerb weiter zu beschleunigen, wurde jetzt ein Projekt gestartet, bei dem einmal in der Woche die Elementarlehrerin Elisabeth Zechner von der Jugendmusikschule Württembergisches Allgäu zu der Gruppe stößt und mit den Kindern singt, Rhythmik-Übungen macht, tanzt oder mit einfachen Instrumenten musiziert.  „Dass die Kinder daran wirklich Spaß haben, sieht man“, sagt Dr. Hans Wagner, Leiter der Jugendmusikschule Württembergisches Allgäu, bei einem Unterrichtsbesuch.

An ihn war eine Spende der „Aktionsgemeinschaft für das Leben“ mit der Bitte herangetragen worden, etwas Sinnvolles für Flüchtlingskinder zu machen. So gab es im Oktober 2015 eine Gesprächsrunde, an der außer Wagner das Netzwerk Asyl mit Pfarrerin Friederike Hönig, die Sozialarbeiterin im Quartier Auwiesenweg, Kristina Gunzelmann, für die Jugendkunstschule Hanne Unger-Heilmann und Volker Leberer, Vorsitzender des Stiftungsvorstand der Bürgerstiftung Wangen, beteiligt waren.

Schnell wurde dabei deutlich, dass das Geld unter anderem gut in einem Musikkurs für die Flüchtlingskinder anlegt wäre. Allerbeste Erfahrungen machen damit seit Längerem die Jugendmusikschule und die Bürgerstiftung, die seit 2014 ein gemeinsames Projekt dieser Art in den Wangener Kindergärten am Laufen halten. Und so war schnell entschieden, dass auch für die Kinder mit Migrationshintergrund an der BHS ein solches Zusatzangebot gemacht werden sollte. Die Elementarlehrerin Elisabeth Zechner kommt nun also seit den Herbstferien und gestaltet gemeinsam mit der Lehrerin der IVK, Saléha Touchi-Funk, eine Unterrichtsstunde in der Woche.

An diesem Morgen - als Gäste dabei sind - singen die Kinder nach dem Begrüßungslied zum Beispiel ein Lied von Regentropfen, die über auf den Kopf fallen und auf die Füße, aber auch ins Gesicht. Der Reim endet mit: „Das mag ich nicht“. Die Buben und Mädchen fassen sich im entsprechenden Moment auf den Kopf, an die Füße und ins Gesicht. Das Lied finden sie sehr witzig und einer von ihnen schlägt vor, es schneller zu singen. Und dann noch schneller und noch schneller.  Eine große Gaudi!

In der nächsten Runde geht ein Teil der Klasse zu den Glockenspielen und Xylophonen, der andere nimmt die Tamburine in die Hand. Und dann wird gespielt, getrommelt und gesungen. Bevor die Kinder das Abschlusslied singen, singen sie einen Reim, tanzen und klatschen dazu – eine sehr beliebte Übung bei den Kindern.

Die Gruppe geht danach mit Saléha Touchi-Funk zurück ins Klassenzimmer. Auch für die Lehrerin ist diese Stunde mit der Kollegin von der Jugendmusikschule etwas ganz Besonderes. „Ich kann die Kinder besser beobachten als sonst im Unterricht. Es ist zum Beispiel ganz interessant, dass der ungarische Junge, der sonst fast nie etwas sagt, sich im Zusammenhang mit der Musik fast ungeniert verhält“, sagt sie. Und noch einen weiteren positiven Aspekt hat die Elementarstunde Musik, wie Saléha Touchi-Funk  findet. „Die Kinder haben anschließend einen ganz anderen Umgang mit einander“, hat sie beobachtet. Und: „Sie singen die Reime oft einfach so vor sich hin.“

Auch für Elisabeth Zechner ist das Tandem mit ihrer Kollegin ein absoluter Gewinn. Denn die Klassenlehrerin kennt „ihre Kinder“ sehr gut und kann unterstützen, wenn es notwendig erscheint.
Normalerweise müsste das gelungene Projekt jetzt enden, weil die Spende nur bis Weihnachten reicht. Doch alle, die im Boot sind, haben großes Interesse daran, dass es weiterläuft und arbeiten an der weiteren Finanzierung. Damit keine Lücke entsteht, hat Volker Leberer von Seiten der Bürgerstiftung Unterstützung signalisiert.

Für Dr. Hans Wagner ist das ein Glücksfall. Denn so kann das Projekt weitergeführt werden, das ganz offensichtlich „zum Spracherwerb über mehrere Kanäle beiträgt“.  Dass nun bei noch mehr Flüchtlingskindern auch der Bedarf für solche Förderungen steigen dürfte, ist heute schon klar. Wagner hofft darauf, dass die Schulen und das Netzwerk Asyl auch hier am Netz weiterspinnen. Denn „Es wäre nicht gut, wenn jeder sein eigenes Süppchen kochen würde“, sagt der JMS-Leiter. Voraussetzung wird auch dabei eine gesicherte Finanzierung sein.